Leseprobe Band 3 Shades of Grey – Befreite Lust

Leseprobe Band 3

Shades of Grey – Befreite Lust

Am 24.10.2012 ist es dann soweit und der dritte und letzte Teil der Triologie von Shade of Grey kommt in die Läden. Da viele bereits die ersten beide Teile verschlungen haben und nun gespannt auf den Titel “Befreite Lust” warten, gibt es hier nun die passende Leseprobe, damit euch die Zeit nicht zu lang wird und die Lust noch größer wird.

 Prolog
Mommy! Mommy! Mommy schläft auf dem Boden, schon
ziemlich lange. Ich bürste ihr die Haare, weil sie das mag.
Sie wacht nicht auf. Ich schüttle sie. Mommy! Mir knurrt
der Magen. Er ist nicht da. Ich hab Durst. In der Küche
rücke ich einen Stuhl an die Spüle und trinke. Das Wasser
spritzt über meinen blauen Pullover. Mommy schläft im-
mer noch. Mommy, wach auf ! Sie liegt ganz still da. Sie
fühlt sich kalt an. Ich hole meine Decke, breite sie über
Mommy und lege mich auf den klebrigen grünen Teppich
neben ihr. Mommy schläft weiter. Ich habe zwei Spiel-
zeugautos. Die sausen neben Mommy über den Boden. Ich
glaube, Mommy ist krank. Ich suche nach was zu essen. In
der Gefriertruhe finde ich Erbsen. Sie sind kalt. Ich esse
sie langsam. Jetzt tut mir der Bauch weh. Ich schlafe neben
Mommy. Die Erbsen sind alle. Ich finde noch was in der
Gefriertruhe. Es riecht komisch. Als ich daran lecke, bleibt
meine Zunge kleben. Ich esse es langsam. Es schmeckt
scheußlich. Ich trinke Wasser, spiele mit meinen Autos und
schlafe neben Mommy. Mommy ist so kalt, und sie wacht
nicht auf. Die Tür fliegt auf. Ich decke Mommy mit meiner
Decke zu. Er ist da. Verdammt, was ist hier los? Mist, dieses
verfickte Miststück. Geh mir aus dem Weg, kleiner Scheißer. Er
tritt mich, mein Kopf knallt auf den Boden. Er ruft jeman-
den an und geht. Er sperrt die Tür zu. Ich lege mich neben
Mommy. Mein Kopf tut weh. Die Polizistin ist da. Nein.
Nein. Nein. Nicht anfassen. Nicht anfassen. Nicht anfassen.
Ich bleibe bei Mommy. Nein. Lass mich. Die Polizistin hat
meine Decke und packt mich. Ich schreie. Mommy! Mom-
my! Ich will zu meiner Mommy. Die Wörter sind weg. Ich
kann die Wörter nicht sagen. Mommy kann mich nicht
hören. Ich habe keine Wörter.
»Christian! Christian!« Ihre Stimme holt ihn aus der Tiefe seines
Albtraums, seiner Verzweiflung. »Ich bin da. Ich bin da.«
Sie beugt sich über ihn, packt ihn an den Schultern, rüttelt
ihn mit besorgter Miene, die blauen Augen geweitet und voller
Tränen.
»Ana«, flüstert er, den Geschmack der Angst im Mund. »Du
bist da.«
»Natürlich bin ich da.«
»Ich hab geträumt …«
»Ich weiß. Ich bin da, ich bin ja da.«
»Ana.« Er haucht ihren Namen als Talisman gegen die
schwarze Panik, die ihn zu ersticken droht.
»Ganz ruhig, ich bin doch hier.« Sie drückt ihren Körper wär-
mend an seinen und drängt die Schatten und die Angst zurück.
Sie ist die Sonne und das Licht … Sie gehört ihm allein.
»Bitte nicht streiten«, sagt er mit rauer Stimme und schlingt
die Arme um sie.
»Okay.«
»Das Ehegelübde. Kein Gehorsam. Ich schaffe das. Wir
finden einen Weg.« Die Worte sprudeln in einem Strom aus
Verwirrung und Angst aus ihm heraus.
»Ja. Wir finden immer einen Weg«, flüstert sie, legt ihre Lip-
pen auf die seinen, lässt ihn verstummen, bringt ihn ins Hier und
Jetzt zurück.



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Eins
Zufrieden blicke ich durch den Sonnenschirm aus Seegras
auf den blauesten aller Himmel, den sommerblauen, mittel-
meerblauen Himmel, Christian auf einem Liegestuhl neben mir.
Mein Ehemann – mein sexy, bildschöner Mann, ohne Hemd
und in abgeschnittenen Jeans – liest hoch konzentriert ein
Buch, das den Zusammenbruch des westlichen Bankensystems
prophezeit. Ich habe Christian noch nie so lange am Stück still
sitzen sehen. Er wirkt eher wie ein Student, nicht wie der CEO
eines der amerikanischen Topunternehmen.
Die letzten Tage unserer Flitterwochen faulenzen wir in der
Nachmittagssonne am Strand des treffend benannten Beach
Plaza Monte Carlo in Monaco, obwohl wir kein Zimmer in
diesem Hotel haben. Ich schaue hinaus zur Fair Lady aus dem
Jahr 1928, die als Königin aller Jachten im Hafen vor Anker
liegt. Natürlich schlafen wir an Bord einer Luxusmotorjacht.
Von hier sieht sie aus wie ein Kinderspielzeug. Christian ist ganz
vernarrt in sie – wahrscheinlich spielt er mit dem Gedanken, sie
zu kaufen. Tja, Jungs und ihre Spielsachen.
In der spätnachmittäglichen Sonne lausche ich dem Christi-
an-Grey-Mix auf meinem neuen iPod und erinnere mich an sei-
nen Heiratsantrag. Ja, sein romantischer Antrag im Bootshaus,
fast kann ich den Duft der Wiesenblumen riechen …
»Können wir gleich morgen heiraten?«, flüstert Christian.
Mein Kopf ruht auf seiner Brust. Ich bin erschöpft vom lei-
denschaftlichen Sex im Bootshaus.
»Hm.«
»Ist das ein Ja?«
»Hm.«
»Ein Nein?«
»Hm.«
Ich spüre sein Grinsen. »Miss Steele, sind Sie denn zu keinem
zusammenhängenden Satz in der Lage?«
Ich schmunzle. »Hm.«
Er drückt mich lachend an sich und küsst mich auf die Stirn.
»Gut, dann also morgen, in Vegas.«
Ich hebe müde den Kopf. »Ich glaube nicht, dass meine Eltern
das gut fänden.«
Er lässt seine Fingerspitzen über meinen nackten Rücken
wandern.
»Was stellst du dir vor, Anastasia? Vegas? Eine große Hoch-
zeit mit allem Drum und Dran? Sag es mir.«
»Nichts Großes, nur Freunde und Familie.« Ich sehe in seine
grauen Augen. Was möchte er?
»Okay. Und wo?«
Ich zucke mit den Achseln.
»Könnten wir hier feiern?«, fragt er vorsichtig.
»Bei deinen Eltern? Wäre ihnen das denn recht?«
»Meine Mutter wäre im siebten Himmel.«
»Okay, dann also hier. Das würde meinen Eltern auch gefal-
len.«
Er streicht mir über die Haare. Ist mehr Glück überhaupt
denkbar?
»Jetzt, da der Ort klar ist, müssten wir nur noch den Zeitpunkt
festlegen.«
»Du solltest deine Mutter fragen.«
»Hm. Mehr als einen Monat gebe ich ihr nicht. Ich will dich
zu sehr, um länger zu warten.«
»Christian, du hast mich doch schon eine ganze Weile. Okay
– einen Monat.« Ich drücke ihm einen Kuss auf die Brust und
hebe lächelnd den Kopf.
»Du holst dir einen Sonnenbrand«, reißt Christian mich aus
meinen Träumereien.
»Nur für dich.« Ich schenke ihm mein süßestes Lächeln. Die
spätnachmittägliche Sonne ist weitergewandert. Er zieht meinen
Liegestuhl zurück in den Schatten des Schirms.
»Gehen Sie mir aus der Mittelmeersonne, Mrs. Grey.«
»Danke. Wie altruistisch, Mr. Grey.«
»Gern geschehen, Mrs. Grey. Ich bin keineswegs altruistisch.
Wenn du dir einen Sonnenbrand holst, kann ich dich nicht mehr
anfassen.« Als er amüsiert eine Augenbraue hebt, geht mir das
Herz auf. »Aber vermutlich weißt du das, und du machst dich
lustig über mich.«
»Meinst du?«, frage ich mit Unschuldsmiene.
»Ja, das meine ich, denn das tust du ziemlich oft. Es gehört
zu den vielen Dingen, die ich an dir liebe.« Er beugt sich über
mich, um mich zu küssen und spielerisch an meiner Unterlippe
zu knabbern.
»Ich hatte gehofft, dass du mich nochmal mit dem Sunblocker
einreibst.«
»Eine ziemlich schmierige Angelegenheit, allerdings ein An-
gebot, das ich nicht ausschlagen kann. Setz dich auf«, weist er
mich mit kehliger Stimme an.
Ich tue ihm den Gefallen, und er cremt mich mit starken,
geschmeidigen Fingern ein.
»Gott, bist du schön. Was habe ich nur für ein Glück«, mur-
melt er, als er die Sonnenmilch auf meinem Oberkörper verteilt.
»Ja, da haben Sie Recht, Mr. Grey«, bestätige ich kokett.
»Etwas mehr Bescheidenheit, Mrs. Grey. Drehen Sie sich um.
Ich möchte mich Ihrem Rücken widmen.«
Ich drehe mich lächelnd um, so dass er das Oberteil meines
sündhaft teuren Bikinis öffnen kann.
»Was würdest du sagen, wenn ich wie die anderen Frauen hier
am Strand oben ohne ginge?«, frage ich.
»Das würde mir nicht gefallen«, antwortet er ohne Zögern.
»Ich bin schon nicht sonderlich glücklich darüber, dass du mo-
mentan so wenig anhast.« Er flüstert mir ins Ohr: »Treib’s nicht
zu weit.«
»Wollen Sie mich provozieren, Mr. Grey?«
»Nein, ich meine es ernst, Mrs. Grey.«
Ich schüttle seufzend den Kopf. Ach, Christian … mein be-
sitzergreifender, eifersüchtiger Kontrollfreak Christian.
Er gibt mir einen Klaps auf den Hintern.
»Fertig, holde Maid.«
Sein allzeit bereiter BlackBerry, den er überallhin mitnimmt,
summt. Ich runzle die Stirn, während er spöttisch grinst.
»Du kennst James Bond: For my eyes only, Mrs. Grey.« Er
hebt in spielerischer Warnung eine Augenbraue, gibt mir noch
einen Klaps auf den Po und setzt sich wieder auf seinen Liege-
stuhl, um das Gespräch entgegenzunehmen.
Meine innere Göttin schnurrt. Vielleicht ziehen wir heute
Nacht nur für ihn eine Show ab. Mit diesem angenehmen Ge-
danken döse ich in die Nachmittagssiesta hinüber.
»Mam’selle? Un Perrier pour moi, un Coca-Cola light pour ma
femme, s’il vous plaît. Et quelque chose à manger … laissez-moi
voir la carte.«
Hm … Christians fließendes Französisch weckt mich auf, und
ich blinzle in die grelle Sonne. Eine junge Frau in Kellnerinnen-
uniform marschiert mit ausgestrecktem Tablett und wippendem
Pferdeschwanz davon.
»Durst?«, fragt Christian.
»Ja«, murmle ich verschlafen.
»Ich könnte dir den ganzen Tag zuschauen. Müde?«
Ich werde rot. »Letzte Nacht habe ich nicht viel Schlaf be-
kommen.«
»Ich auch nicht.« Er legt schmunzelnd seinen BlackBerry weg
und steht auf. Seine Shorts sind ein wenig nach unten verrutscht,
so dass seine Badehose hervorlugt. Christian zieht die Shorts
aus und schlüpft aus den Flipflops. Ich vergesse, was ich gerade
gedacht habe.
»Komm mit, schwimmen.« Er streckt mir die Hand hin.
Ich sehe ihn benommen an.
»Schwimmen?«, wiederholt er. Als ich nicht reagiere, schüttelt
er den Kopf.
»Ich habe den Eindruck, dass du einen Weckruf brauchst.«
Er hebt mich hoch, und ich kreische, eher aus Überraschung als
vor Schreck, auf.
»Christian! Lass mich runter!«, quieke ich.
»Erst im Wasser, Baby.«
Die Sonnenhungrigen am Strand beobachten unser Treiben
mit jenem abwesenden Desinteresse, das, wie ich allmählich
merke, so typisch französisch ist. Christian trägt mich lachend
zum Wasser und watet hinein.
Ich schlinge die Arme um seinen Nacken. »Das wagst du
nicht«, keuche ich.
»Ana, Baby, hast du denn in der kurzen Zeit, die wir uns ken-
nen, nichts gelernt?« Er küsst mich, und ich erwidere seinen Kuss
leidenschaftlich.
»Ich kenne deine Schliche«, flüstert er und gleitet in das kühle,
klare Wasser. Dabei finden seine Lippen erneut die meinen. Die
Kälte des Mittelmeers ist bald vergessen, als ich die Beine um
meinen Mann schlinge.
»Ich dachte, du wolltest schwimmen«, flüstere ich.
»Du lenkst mich ab.« Christian lässt seine Zähne über meine
Unterlippe streifen. »Aber ich glaube nicht, dass es mir gefallen
würde, wenn die guten Bürger von Monte Carlo meine Frau in
leidenschaftlicher Verzückung sähen.«
Meine Zunge gleitet über die Bartstoppeln an seiner Wange,
die mich kitzeln. Die guten Bürger von Monte Carlo sind mir
scheißegal.
»Ana«, stöhnt er, windet meinen Pferdeschwanz um sein
Handgelenk und zieht sanft daran, so dass mein Kopf sich nach
hinten neigt und mein Hals entblößt daliegt. Dann haucht er
Küsse darauf.
»Soll ich dich hier im Wasser nehmen?«, raunt er.
»Ja«, seufze ich.
Christian löst sich von mir, um mich voller Begierde zu
mustern. »Mrs. Grey, Sie sind unersättlich und bemerkenswert
unverfroren. Was für ein Ungeheuer habe ich da erschaffen?«
»Ein Ungeheuer, das zu dir passt. Möchtest du mich denn
anders haben?«
»Ich nehme dich, wie ich dich kriegen kann, das weißt du ganz
genau. Aber nicht hier. Nicht vor Publikum.« Er deutet mit dem
Kopf in Richtung Strand.
Tatsächlich: Etliche Sonnenhungrige beobachten uns in-
teressiert. Plötzlich packt Christian mich, hebt mich hoch
und lässt mich ins Wasser fallen, so dass ich auf den weichen
Sand darunter sinke. Ich tauche prustend und kichernd wieder
auf.
»Christian!«, tadle ich ihn. Ich hatte gedacht, wir würden im
Meer Sex haben … wieder eine Premiere. Er beißt sich auf die
Unterlippe, um seine Belustigung zu kaschieren. Ich spritze ihn
mit Wasser voll, und er spritzt zurück.
»Wir haben die ganze Nacht Zeit. Ciao, ciao, Baby.« Er taucht
ab und etwa einen Meter von mir entfernt wieder auf, um mit
einer eleganten Kraulbewegung vom Strand und mir wegzu-
schwimmen.
Wow, Christian in Spiellaune! Ich beschatte die Augen und
blicke ihm nach. Immerzu neckt er mich … Was kann ich tun,
um ihn zurückzulocken?, überlege ich, während ich zum Strand
schwimme. Als ich die Liegestühle erreiche, stehen dort schon
unsere Drinks. Ich nehme einen Schluck von der Cola light.
Christian erkenne ich nur noch als Punkt in der Ferne.
Ich lege mich auf den Bauch, öffne das Bikinioberteil und
werfe es auf Christians Liegestuhl. Schauen Sie, wie unverfroren
ich sein kann, Mr. Grey! Bin gespannt, wie Sie reagieren. Ich
schließe die Augen, lasse mir die Sonne auf den Pelz brennen
und denke, in der Hitze vor mich hin dösend, an meinen Hoch-
zeitstag.
»Sie dürfen jetzt die Braut küssen«, verkündet Reverend Walsh.
Ich strahle meinen frischgebackenen Ehemann an.
»Endlich gehörst du mir«, flüstert er, zieht mich in seine Arme
und küsst mich keusch auf die Lippen.
Ich bin verheiratet, Mrs. Christian Grey. Die Freude macht
mich ganz schwindelig.
»Du bist wunderschön, Ana«, sagt er, den Blick voller Liebe …
und etwas Dunklerem, das ziemlich sexy ist. »Lass dir das Kleid
von niemand anderem als mir ausziehen, verstanden?« Seine
Fingerspitzen gleiten meine Wange entlang und bringen mein
Blut in Wallung.
Verdammt, wie macht er das bloß … hier, unter den Augen aller?
Ich nicke stumm. Hoffentlich kann uns niemand hören. Zum
Glück ist Reverend Walsh diskret einen Schritt zurückgetreten.
Ich lasse den Blick über die festlich gekleideten Hochzeitsgäste
schweifen … Meine Mom, Ray, Bob und die Greys klatschen
Beifall – sogar Kate, meine Brautjungfer, die in Zartrosa einfach
atemberaubend aussieht, genauso wie Elliot, Christians Trau-
zeuge. Wer hätte gedacht, dass Elliot sich so herausputzen kann?
Alle strahlen, nur Grace weint anmutig in ein weißes Taschen-
tuch.
»Bereit für das Fest, Mrs. Grey?«, fragt Christian mich mit
seinem scheuen Lächeln.
Wieder mal schmelze ich dahin. Er ist einfach göttlich in
seinem schwarzen Smoking, der silberfarbenen Weste und der
Fliege. »Und wie.«
Die Party ist in vollem Gange … Carrick und Grace lassen es
echt krachen. Wieder steht das Zelt im Garten, wunderschön
ausgestattet in Hellrosa-, Silber- und Cremetönen, die Seiten
offen, so dass die Bucht zu sehen ist. Wir haben Glück mit dem
Wetter; die spätnachmittägliche Sonne schimmert über dem
Wasser. Am einen Ende des Zelts befindet sich eine Tanzfläche,
am anderen ein üppiges Büfett.
Ray und meine Mutter tanzen und lachen miteinander. Sie so
zu sehen erzeugt bittersüße Gefühle in mir. Ich kann nur hoffen,
dass Christian und ich es länger miteinander aushalten werden
als sie. Keine Ahnung, was ich tun würde, wenn er mich verließe.
Schnell geheiratet, lang bereut. So heißt es doch.
Kate steht in einem wunderschönen Seidenkleid neben mir
und sieht mich stirnrunzelnd an. »Hey, das ist der glücklichste
Tag deines Lebens«, erinnert sie mich.
»Ist es auch«, bestätige ich.
»Ana, was ist los? Hat’s mit deiner Mom und Ray zu tun?«
Ich nicke traurig.
»Sie sind glücklich.«
»Glücklich getrennt.«
»Kriegst du Muffensausen?«, erkundigt sie sich bestürzt.
»Nein. Es ist nur … Ich liebe ihn so sehr.«
»Und er vergöttert dich, Ana. Ich weiß, dass eure Beziehung
ziemlich unkonventionell begonnen hat, aber ich sehe, wie
glücklich ihr miteinander seid.« Sie nimmt meine Hände und
drückt sie. »Außerdem ist es jetzt sowieso zu spät«, fügt sie grin-
send hinzu.
Ich schmunzle, weil sie wie immer das Offensichtliche aus-
spricht. Sie zieht mich in eine Katherine-Kavanagh-Spezial­
umarmung. »Ana, das klappt schon. Und wenn er dir ein Haar
krümmt, kriegt er’s mit mir zu tun.« Sie lässt mich los.
»Hi, Baby.« Christian, der zu uns tritt, legt die Arme um
mich und küsst mich auf die Schläfe. »Kate.« Er nickt in ihre
Richtung. Auch nach sechs Wochen ist er ihr gegenüber noch
ziemlich kühl.
»Hallo, Christian. Ich geh mal zu deinem Trauzeugen, der
zufällig auch in einer engeren Beziehung zu mir steht.« Nach
einem Lächeln für uns gesellt sie sich zu Elliot, der mit ihrem
Bruder Ethan und unserem Freund José etwas trinkt.
»Zeit zu gehen«, murmelt Christian.
»Schon? Dies ist das erste Fest meines Lebens, bei dem es mir
nichts ausmacht, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen.«
»Zu Recht. Du bist atemberaubend schön, Anastasia.«
»Du auch.«
Er lächelt. »Dieses Kleid steht dir sehr gut.«
»Das alte Ding?« Ich zupfe verlegen an der feinen Spitzenbor-
te des schlichten taillierten Hochzeitskleids, das Kates Mutter
für mich entworfen hat. Besonders gefällt mir daran, dass die
Spitze ein wenig über der Schulter sitzt – züchtig, aber dennoch
verführerisch, wie ich hoffe.
Er küsst mich. »Lass uns gehen. Ich bin noch nicht bereit,
dich zu teilen.«
»Können wir denn einfach so von unserer eigenen Hochzeit
abhauen?«
»Baby, es ist unser Fest, und wir können tun und lassen, was
wir wollen. Wir haben die Hochzeitstorte angeschnitten. Ich
möchte dich jetzt ganz für mich haben.«
»Sie werden mich noch ein ganzes Leben lang haben, Mr.
Grey.«
»Freut mich zu hören, Mrs. Grey.«
»Da seid ihr beiden Turteltauben ja!«
Ich stöhne innerlich auf … Graces’ Mutter hat uns entdeckt.
»Christian, Schatz – ein Tanz mit deiner Oma?«
Christian schürzt die Lippen. »Natürlich, Granny.«
»Und du, schöne Anastasia, könntest einen alten Mann glück-
lich machen, indem du mit Theo tanzt.«
»Theo, Mrs. Trevelyan?«
»Opa Trevelyan. Du kannst Oma zu mir sagen. Ihr zwei müsst
euch ernsthaft an die Arbeit machen, damit bald Urenkel kom-
men. Denn wie viel Zeit mir noch bleibt, weiß ich nicht.«
Christian blinzelt. »Komm, Granny«, sagt er und nimmt has-
tig ihre Hand, um sie auf die Tanzfläche zu führen. »Ciao, ciao,
Baby«, verabschiedet er sich von mir.
Als ich auf Opa Trevelyan zugehe, hält José mich auf.
»Ich werde dich um keinen weiteren Tanz bitten. Vermutlich
waren es schon zu viele … Freut mich, dich glücklich zu sehen.
Aber ich bin für dich da, wenn du mich brauchst, Ana.«
»Danke, José. Du bist mir wirklich ein guter Freund.«
»Es ist mein Ernst.«
»Das weiß ich. Danke, José. Wenn du mich jetzt bitte ent-
schuldigen würdest, ich habe eine Verabredung mit einem alten
Mann.«
Er runzelt verwirrt die Stirn.
»Christians Großvater«, kläre ich ihn auf.
Er grinst. »Viel Glück, Annie.«
»Danke, José.«
Nach dem Tanz mit Christians allzeit charmantem Großvater
beobachte ich von der Terrassentür aus, wie die Sonne langsam
über Seattle untergeht und leuchtend orange- und aquamarin-
farbene Schatten über die Bucht wirft.
»Lass uns gehen«, drängt Christian.
»Ich muss mich erst umziehen.« Ich nehme seine Hand, um
ihn nach oben mitzunehmen. Er hält mich mit verständnislosem
Blick zurück.
»Ich dachte, du willst mir das Kleid ausziehen«, erkläre ich.
Seine Miene hellt sich auf. »Stimmt.« Er lächelt lasziv. »Aber
nicht hier. Denn dann könnte es länger dauern …«
Ich lasse errötend seine Hand los.
»Und löse nicht die Haare«, murmelt er.
»Aber …«
»Kein Aber, Anastasia. Du siehst wunderschön aus, wie du
bist. Und ich will derjenige sein, der dich auszieht.«
Ich runzle die Stirn.
»Pack, was du zum Wegfahren brauchst«, weist er mich an.
»Taylor hat schon den großen Koffer.«
»Okay.« Was hat er vor? Er hat mir nicht verraten, wohin
die Reise geht. Ich glaube, das weiß niemand. Weder Mia noch
Kate ist es gelungen, ihm das Ziel zu entlocken. Ich wende mich
meiner Mutter und Kate zu.
»Ich ziehe mich nicht um.«
»Wie bitte?«, fragt meine Mutter.
»Christian möchte das nicht.« Ich zucke mit den Achseln, als
würde das alles erklären.
Sie runzelt kurz die Stirn. »Du hast ihm nicht versprochen,
ihm zu gehorchen«, erinnert sie mich. Kate versucht, ihr verächt-
liches Schnauben als Hüsteln zu kaschieren. Ich bedenke sie mit
einem missbilligenden Blick. Sie und meine Mutter ahnen nicht,
was für eine Auseinandersetzung Christian und ich deswegen
hatten. Das Thema möchte ich bei Gott nicht wieder aufwärmen.
Junge, Junge, kann Christian schmollen … und von Albträumen
geplagt werden.
»Ich weiß, Mom, aber ihm gefällt dieses Kleid, und ich möch-
te ihm gefallen.«
Ihre Miene wird sanfter.
Kate verdreht die Augen und entfernt sich diskret.
»Du siehst so hübsch aus, Liebes.« Carla schiebt mir sanft eine
lose Haarsträhne hinters Ohr und streicht mir übers Kinn. »Ich
bin stolz auf dich. Du wirst Christian sehr glücklich machen.«
Sie umarmt mich.
Ach Mom!
»Ich kann’s gar nicht fassen, wie erwachsen du wirkst. Der
Start in ein neues Leben … Vergiss nie, dass Männer von einem
anderen Planeten stammen, dann klappt alles.«
Ich schmunzle. Christian stammt sogar aus einem anderen
Universum, aber das ahnt sie nicht.
»Danke, Mom.«
Ray gesellt sich lächelnd zu uns.
»Du hast ein sehr hübsches Mädchen zur Welt gebracht,
Carla«, erklärt er mit vor Stolz glänzenden Augen. Wie schick
er aussieht in seinem Smoking! Meine Augen werden feucht.
O nein … bis jetzt hatte ich es doch geschafft, nicht zu weinen.
»Und du hast auf sie aufgepasst und ihr beim Erwachsenwer-
den geholfen«, sagt Carla wehmütig.
»Jede einzelne Minute davon war mir ein Vergnügen. Du bist
wirklich eine höllisch schöne Braut, Annie.« Ray schiebt mir
dieselbe Haarsträhne hinters Ohr wie zuvor Carla.
»Ach Dad.« Als ich ein Schluchzen unterdrücke, umarmt er
mich hastig auf seine unbeholfene Art.
»Und du wirst eine höllisch gute Ehefrau werden«, flüstert er
mit rauer Stimme.
Plötzlich steht Christian wieder neben mir.
Ray reicht ihm die Hand. »Pass gut auf mein Mädchen auf,
Christian.«
»Das habe ich vor, Ray. Carla.« Er nickt meinem Stiefvater zu
und küsst meine Mutter auf die Wange.
Die übrigen Hochzeitsgäste haben sich vor dem Haus zu
einem Spalier aufgestellt, durch das wir schreiten müssen.
»Bereit?«, fragt Christian.
»Ja.«
Er nimmt meine Hand und führt mich unter den erhobe-
nen Armen der Gäste hindurch, die uns viel Glück wünschen,
uns gratulieren und Reis werfen. Am Ende des Spaliers warten
lächelnd Grace und Carrick, die uns mit einer Umarmung und
einem Kuss empfangen. Grace wird wieder ganz rührselig, als wir
uns hastig von ihnen verabschieden.
Taylor erwartet uns beim Geländewagen. An der Tür drehe
ich mich um und werfe meinen Brautstrauß aus weißen und
pinkfarbenen Rosen in die Schar der jungen Frauen, die sich
um das Auto versammelt hat. Mia fängt ihn und streckt ihn mit
einem triumphierenden Lächeln hoch.
Als ich, über Mia lachend, in den Audi schlüpfe, hält Chris­
tian den Saum meines Kleids vom Boden hoch. Sobald ich sicher
im Wageninnern sitze, winkt er der Menge zum Abschied zu.
Taylor hält ihm die Autotür auf. »Die besten Wünsche, Sir.«
»Danke, Taylor«, sagt Christian und setzt sich neben mich.
Als Taylor losfährt, werfen die Hochzeitsgäste Reis auf den
Wagen. Christian nimmt meine Hand und küsst meine Finger-
knöchel.
»So weit, so gut, Mrs. Grey?«
»So weit, so wunderbar, Mr. Grey. Wo fahren wir hin?«
»Sea-Tac«, sagt er mit diesem geheimnisvollen Lächeln.
Hm … Was hat er vor?
Taylor nimmt nicht wie erwartet Kurs auf das Abflugterminal,
sondern bringt uns durch eine Sicherheitskontrolle geradewegs
aufs Rollfeld. Wie bitte? Da sehe ich ihn – Christians Jet mit
der Aufschrift Grey Enterprises Holdings, Inc. in großen blauen
Lettern auf dem Rumpf.
»Sag bloß nicht, dass du wieder Unternehmenseigentum
missbrauchst!«
»Ich hoffe doch, Anastasia«, erwidert Christian grinsend.
Taylor lenkt den Audi zum Flugzeug und springt heraus, um
Christian die Autotür aufzuhalten. Sie sprechen kurz mitein-
ander, bevor Christian meine Tür öffnet und sich in den Wagen
beugt, um mich herauszuheben.
»Was machst du da?«, kreische ich.
»Ich trage dich über die Schwelle«, antwortet er.
»Ach.« Ist da nicht üblicherweise eine Wohnungsschwelle
gemeint?
Er trägt mich ohne Mühe die Stufen zum Flugzeug hinauf.
Taylor folgt uns mit meinem kleinen Koffer, den er am Eingang
abstellt, bevor er zum Audi zurückkehrt. Im Innern erkenne ich
Stephan, Christians Piloten, in seiner Uniform.
»Willkommen an Bord, Sir. Mrs. Grey«, begrüßt er uns lä-
chelnd.
Christian setzt mich ab und schüttelt Stephans Hand. Neben
Stephan steht eine dunkelhaarige Frau Anfang dreißig, ebenfalls
in Uniform.
»Meine besten Wünsche für Sie beide«, sagt Stephan.
»Danke, Stephan. Anastasia, Stephan kennst du. Er ist heute
unser Pilot. Und das ist First Officer Beighley.«
Sie wird rot, als Christian sie vorstellt, und blinzelt. Wieder
schmilzt eine Frau beim Anblick meines Ehemannes dahin.
»Erfreut, Sie kennen zu lernen«, sprudelt es aus Beighley
heraus.
Ich lächle sie freundlich an. Von ihr droht keine Gefahr.
»Alles bereit?«, erkundigt sich Christian, während ich mich
im Passagierraum umsehe. Er ist ganz in hellem Ahornholz und
cremefarbenem Leder gehalten. Eine junge Brünette in Uniform
erwartet uns am anderen Ende der Kabine.
»Wir haben die Starterlaubnis. Das Wetter ist gut von hier
bis Boston.«
Boston?
»Gibt es irgendwo Turbulenzen?«
»Nicht vor Boston. Allerdings zieht über Shannon eine Wet-
terfront herauf, die uns einen unruhigen Flug bescheren könnte.«
Shannon? Irland?
»Verstehe. Nun, ich hoffe, dass ich das im Schlaf nicht mitbe-
komme«, sagt Christian.
Schlaf ?
»Wir machen die Maschine startklar, Sir«, erklärt Stephan.
»Darf ich Sie unserer Flugbegleiterin Natalia überlassen?«
»Ja.« Christian ergreift meine Hand und führt mich zu einem
der tiefen Ledersitze, von denen es insgesamt zwölf gibt.
»Setz dich«, sagt er, zieht sein Jackett aus und öffnet die feine
Silberbrokatweste. Wir sitzen auf zwei gegenüberliegenden
Einzelplätzen, ein kleiner, blank polierter Tisch zwischen uns.
»Willkommen an Bord, Sir, Ma’am, und meine besten Wün-
sche.« Natalia bringt uns zwei Gläser Rosé-Champagner.
»Danke«, sagt Christian.
Sie entfernt sich höflich lächelnd.
»Auf ein glückliches Eheleben, Anastasia.« Christian prostet
mir zu, und wir stoßen an. Der Champagner schmeckt köst-
lich.
»Bollinger?«, frage ich.
»Genau der.«
»Das erste Mal habe ich den aus Teetassen getrunken«, stelle
ich schmunzelnd fest.
»An den Tag erinnere ich mich gut. Dein Abschluss.«
»Wo fliegen wir hin?« Ich kann meine Neugierde nicht mehr
im Zaum halten.
»Nach Shannon«, antwortet Christian mit vor Aufregung
leuchtenden Augen. Er sieht wie ein kleiner Junge aus.
»In Irland?« Wir fliegen nach Irland!
»Nur zum Auftanken.«
»Und dann?«, hake ich nach.
Er schüttelt den Kopf.
»Christian!«
»London.«
Ich schnappe nach Luft. Junge, Junge! Und ich hatte gedacht,
wir würden die Flitterwochen in New York oder Aspen oder
vielleicht auch in der Karibik verbringen. Mein ganzes Leben
lang wünsche ich mir schon, England zu sehen. Ich bin außer
mir vor Freude.
»Dann Paris.«
Wie bitte?
»Dann Südfrankreich.«
Wow!
»Ich weiß, dass du immer schon nach Europa wolltest. Und
ich möchte deine Träume wahr werden lassen, Anastasia.«
»Du bist mein wahr gewordener Traum, Christian.«
»Dito, Mrs. Grey«, flüstert er.
Himmel …
»Schnall dich an.«
Lächelnd tue ich, was er sagt.
Als das Flugzeug auf die Startbahn rollt, nippen wir an unse-
rem Champagner. Ist das zu fassen? Mit einundzwanzig Jahren
verlasse ich zum ersten Mal die Vereinigten Staaten und fliege
nach Europa – und noch dazu nach London!
In der Luft gibt es weiteren Champagner und unser Hoch-
zeitsessen, ein Festmahl: Räucherlachs, danach Perlhuhnbrust
mit grünen Bohnen und Pommes Dauphine, alles von der tüch-
tigen Natalia zubereitet und kredenzt.
»Dessert, Mr. Grey?«, erkundigt sie sich.
Er schüttelt den Kopf und lässt den Finger über seine Un-
terlippe gleiten, während er mich mit fragend dunkler Miene
ansieht.
»Nein, danke«, murmle ich, unfähig, den Blick von ihm zu
wenden.
Seine Mundwinkel verziehen sich zu einem kleinen, geheim-
nisvollen Lächeln, und Natalia entfernt sich.
»Gut«, flüstert er. »Ich hatte nämlich vor, zum Nachtisch dich
zu verspeisen.«
Hier?
»Komm«, sagt er, erhebt sich vom Tisch und streckt mir die
Hand entgegen, um mich zum hinteren Teil der Kabine zu füh-
ren.
»Hier ist das Bad.« Er deutet auf eine Tür und bringt mich
über einen kleinen Flur zu einer weiteren Tür am anderen Ende.
Wow, ein Schlafzimmer! Ganz in Creme und Ahornholz gehal-
ten, das kleine Doppelbett mit goldbraunen Kissen bedeckt. Es
sieht sehr gemütlich aus.
Christian zieht mich in seine Arme.
»Wir verbringen unsere Hochzeitsnacht in fünfunddreißig-
tausend Fuß Höhe. Das habe ich noch nie gemacht.«
Wieder eine Premiere. Ich sehe ihn mit klopfendem Herzen
an … der Mile High Club. Von dem habe ich schon gehört.
»Aber zuerst muss ich dich aus diesem sagenhaften Kleid
schälen.« Seine Augen glühen vor Liebe und etwas Dunklerem
… etwas, das meine innere Göttin auf den Plan ruft.
»Dreh dich um.« Seine Stimme ist leise, herrisch und höllisch
sexy. Wie kann er so viel Verführerisches in diese wenigen Worte
legen? Ich folge seinem Befehl, und seine Hände wandern zu
meinen Haaren. Sanft zieht er die Haarnadeln einzeln heraus,
so dass meine Mähne sich über meine Schultern ergießt, meinen
Rücken und meine Brüste bedeckt.
»Du hast so schöne Haare, Ana.« Sein Mund ist an meinem
Ohr, und ich spüre seinen Atem, obwohl seine Lippen mich nicht
berühren. Als keine Nadeln mehr in meinen Haaren stecken,
lässt er die Finger hindurchgleiten und massiert mir sanft die
Kopfhaut. … oh, wie schön … Ich genieße es mit geschlossenen
Augen. Nach einer Weile zieht er an meinen Haaren, so dass
mein Hals entblößt ist.
»Du gehörst mir«, raunt er und knabbert an meinem Ohr-
läppchen.
Ich stöhne auf.
»Still«, ermahnt er mich, bevor er mir die Haare über die eine
Schulter schiebt und einen Finger, der Spitzenborte meines
Kleids folgend, zur anderen gleiten lässt. Ich erbebe vor Vorfreu-
de. Er drückt mir einen sanften Kuss auf den Rücken, über dem
ersten Knopf meines Kleides.
»So schön. Heute hast du mich zum glücklichsten Mann auf
Erden gemacht.« Unerträglich langsam öffnet er alle Knöpfe.
»Ich liebe dich so sehr.« Dazwischen Küsse vom Nacken bis zur
Schulter, begleitet von seinem Mantra: »Ich. Begehre. Dich. So.
Sehr. Ich. Will. In. Dir. Drin. Sein. Du. Gehörst. Mir.«
Ich schließe berauscht die Augen, lege den Kopf nach vorn,
damit Christian leichter an meinen Nacken herankommt, und
gebe mich ganz dem Zauber meines Ehemannes hin.
»Mir«, wiederholt er und schiebt das Kleid über meine Schul-
tern, so dass es sich in einer Wolke aus cremefarbener Seide und
Spitze um meine Füße legt.
»Dreh dich um«, flüstert er mit rauer Stimme.
Ich trage eine enge roséfarbene Korsage mit Strumpfbändern,
einen dazu passenden Spitzenslip und weiße Seidenstrümpfe.
Christians Blick wandert gierig meinen Körper hinunter.
»Gefalle ich dir?«, flüstere ich errötend.
»Mehr als das, Baby. Du siehst einfach sensationell aus. Hier.«
Er streckt mir die Hand hin, und ich nehme sie und steige aus
dem Kleid heraus.
»Halt still!« Er lässt den Mittelfinger über meine Brüste glei-
ten und zeichnet die Ränder der Korsage nach. Mein Atem geht
flacher. Als er die Reise über meine Brüste wiederholt, bekomme
ich eine Gänsehaut. Er hält inne und bedeutet mir, mich umzu-
drehen.
Im Moment würde ich alles für ihn tun.
»Stopp«, sagt er. Ich stehe mit dem Gesicht zum Bett und
mit dem Rücken zu ihm. Sein Arm umschlingt meine Taille
und zieht mich zu ihm heran, so dass er seine Nase an meinen
Nacken schmiegen kann. Sanft wölbt er die Hände um meine
Brüste, spielt mit ihnen, lässt die Daumen um meine Brustwar-
zen kreisen, die sich sofort aufrichten.
»Du gehörst mir«, wiederholt er.
»Dir«, hauche ich.
Seine Hände lösen sich von meinen Brüsten und wandern
über meinen Bauch und meinen Unterleib zu meinen Ober-
schenkeln, wobei seine Daumen an meiner Scham entlangstrei-
chen. Ich unterdrücke ein Stöhnen. Seine Finger gleiten über die
Strumpfhalter und lösen sie geschickt von den Strümpfen, bevor
sie sich um mein Hinterteil legen.
»Mir.«
»Ah.«
»Still.« Seine Hände streifen zärtlich die Rückseite meiner
Oberschenkel hinunter, um auch die hinteren Strumpfhalter zu
lösen.
Er schlägt die Bettdecke zurück. »Setz dich.«
Ich tue, was er mir sagt, und er kniet vor mir nieder, um mir
vorsichtig die weißen Brautschuhe von Jimmy Choo auszuzie-
hen. Dann schiebt er mir bedächtig den linken Strumpf herunter
und lässt dabei die Daumen über mein Bein gleiten … Das Glei-
che macht er wenig später beim anderen Strumpf.
»Ist wie Geschenke an Weihnachten auspacken.« Er lächelt
mich unter seinen langen Wimpern hervor an.
»Ein Geschenk, das du schon kennst …«
»Nein, Baby. Erst jetzt gehört es mir endgültig.«
»Christian, ich gehöre dir seit dem Jawort.« Ich lege die
Hände um sein geliebtes Gesicht. »Ich gehöre dir und werde
dir immer gehören. Aber irgendwie bist du im Moment over-
dressed.« Als ich mich zu ihm herabbeuge, um ihn zu küssen,
richtet er sich auf, packt meinen Kopf und vergräbt seine Finger
in meinen Haaren.
»Ana«, haucht er. »Meine Ana.« Seine Lippen suchen die mei-
nen, und mit der Zunge beginnt er, meine Mundhöhle zu erfor-
schen.
»Lass dich ausziehen«, flüstere ich, und unser Atem vermischt
sich, als ich mich von ihm löse, um ihm aus der Weste zu helfen.
Er sieht mich an, die Augen voller Begierde. Ich beuge mich vor
und nehme seine Krawatte – die silbergraue, meine Lieblings-
fliege – von seinem Hals. Er hebt das Kinn, damit ich besser an
den obersten Knopf seines weißen Hemds herankomme; als er
offen ist, wende ich mich seinen Ärmeln zu. Er trägt Manschet-
tenknöpfe aus Platin mit eingravierten, ineinander verschlunge-
nen A und C, mein Hochzeitsgeschenk für ihn. Sobald ich sie
entfernt habe, nimmt er mir die Knöpfe ab, schließt die Faust
darum, küsst seine Faust und steckt sie in die Hosentasche.
»Mr. Grey, so romantisch?«
»Für Sie, Mrs. Grey – Herzchen und Blümchen. Auf ewig.«
Ich küsse seinen schlichten Platinring, ohne den Blick von
ihm zu wenden. Er schließt die Augen.
»Ana«, sagt er leise, und mein Name hört sich an wie ein
Gebet.
Ich hebe die Hand zu seinem zweiten Hemdknopf, küsse
zärtlich Christians Brust und öffne auch die anderen Knöpfe,
jeweils mit einem Kuss. Dazwischen flüstere ich: »Du. Machst.
Mich. So. Glücklich. Ich. Liebe. Dich.«
Mit einem lustvollen Stöhnen umfängt er meine Taille, hebt
mich aufs Bett und folgt nach. Seine Lippen auf meinen, seine
Hände um meinen Kopf, während unsere Zungen einander um-
schmeicheln. Unvermittelt richtet Christian sich auf.
»Du bist wunderschön … meine Frau.« Er lässt seine Hände
meine Beine hinuntergleiten. »Was für Beine! Ich muss sie von
oben bis unten küssen. Und hier fange ich an.« Er drückt seine
Lippen auf meinen linken großen Zeh und lässt die Zähne am
Ballen entlangstreifen. Wieder spüre ich dieses vertraute Ziehen
im Unterleib. Seine Zunge fährt über meinen Rist, seine Zähne
streifen über meine Ferse bis zu meinem Knöchel. Dann legt
er eine Spur zarter Küsse an der Innenseite meiner Wade. Ich
winde mich vor Lust.
»Stillhalten, Mrs. Grey«, ermahnt er mich, dreht mich auf den
Bauch und setzt seine Reise mit dem Mund gemächlich an der
Rückseite meiner Beine zu meinen Oberschenkeln und meinem
Hinterteil fort, wo er innehält.
Ich stöhne auf. »Bitte …«
»Ich will dich nackt.« Bedächtig öffnet er die Haken meiner
Korsage, einen nach dem anderen. Als sich die Teile lösen, lässt
er seine Zunge mein Rückgrat hinaufwandern.
»Christian, bitte.«
»Was möchten Sie, Mrs. Grey?«, flüstert er mir ins Ohr. Er
liegt fast auf mir – ich spüre seine Erektion an meinem Po.
»Dich.«
»Und ich will dich, meine Liebe, mein Leben …« Bevor ich
michs versehe, dreht er mich zurück auf den Rücken, erhebt
sich mit einer eleganten Bewegung und schlüpft aus Hose und
Boxershorts, so dass er in voller Pracht vor mir steht. Er beugt
sich vor und zieht mir den Slip herunter.
»Du gehörst mir«, formt er mit den Lippen.
»Bitte«, bettle ich, und er grinst … ein lüsternes, verführeri-
sches Christian-Grinsen.
Er kommt aufs Bett zurück und wandert mit Küssen mein
rechtes Bein hinauf, bis er meine Scham erreicht. Nun drückt er
meine Beine weiter auseinander.
»Meine Frau«, seufzt er, und schon ist sein Mund auf mir.
Ich schließe die Augen und gebe mich ganz den Empfin-
dungen hin, die seine geschickte Zunge in mir auslöst. Meine
Hände sind in seine Haare gekrallt, während meine Hüfte sich
ihm in seinem Rhythmus entgegenwölbt. Er packt sie, um mich
stillzuhalten … ohne mit der köstlichen Folter aufzuhören. Ich
bin ganz nahe dran.
»Christian«, stöhne ich.
»Noch nicht«, raunt er, schiebt sich höher und lässt seine Zun-
ge in meinen Nabel gleiten.
»Nein!« Verdammt! Ich spüre sein Grinsen an meinem Bauch,
als er sich weiter nach oben bewegt.
»So ungeduldig, Mrs. Grey. Wir haben Zeit bis zur Landung
auf der Grünen Insel.« Er küsst ehrfürchtig meine Brüste und
nimmt meine linke Brustwarze zwischen die Lippen. Seine Au-
gen leuchten dunkel wie die Wolken eines Tropensturms.
Das hatte ich ganz vergessen. Europa.
»Ehemann, ich will dich. Bitte.«
Er stützt sich mit den Ellbogen ab, so dass sein Körper den
meinen nur leicht berührt. Während er seine Nase an meiner
reibt, streiche ich mit den Händen über seinen muskulösen Rü-
cken bis zu seinem wohlgeformten Hinterteil.
»Mrs. Grey … meine Ehefrau. Stets zu Ihren Diensten.« Seine
Lippen küssen mein Gesicht. »Ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch.«
»Mach die Augen auf. Ich will dich sehen.«
»Christian … ah …«, rufe ich aus, als er langsam in mich
hineingleitet.
»Ana, o Ana«, seufzt er und beginnt, sich zu bewegen.
»Was zur Hölle machst du da?«, reißt Christian, der tropfnass
und mit finsterem Blick vor mir steht, mich aus meinem ausge-
sprochen angenehmen Traum.
Was habe ich verbrochen? O nein … ich liege auf dem Rü-
cken … Scheiße, Scheiße, Scheiße. Er ist sauer. Stinksauer.

Zwei
Plötzlich bin ich hellwach, meine erotischen Träume sind
vergessen.
»Ich habe auf dem Bauch gelegen und muss mich im Schlaf
umgedreht haben«, verteidige ich mich kleinlaut.
Seine Augen funkeln vor Zorn. Er nimmt mein Bikinioberteil
von seinem Liegestuhl und wirft es mir zu.
»Zieh das Ding an!«, zischt er.
»Christian, es schaut doch niemand her.«
»Glaub mir, sie schauen sehr wohl. Taylor und die Sicherheits-
leute haben bestimmt ihre helle Freude an dir!«, knurrt er.
Heilige Scheiße! Warum vergesse ich die immer? Ich bedecke vol-
ler Panik meine Brüste. Seit der Sache mit Charlie Tango sind
permanent diese verdammten Bodyguards in der Nähe.
»Und außerdem könnte sich irgend so ein dahergelaufener
Paparazzo einen Schnappschuss von dir sichern. Möchtest du
unbedingt aufs Cover von Star? Diesmal nackt?«
Mist! Die Paparazzi! Als ich mit zitternden Händen mein
Oberteil anziehe, weicht alle Farbe aus meinem Gesicht. An die
Paparazzi vor dem Gebäude von Seattle Independent Publishing,
nachdem die Presse von unserer Verlobung Wind bekommen
hatte, erinnere ich mich mit Schaudern – leider gehört das zum
Christian-Grey-Paket.
»L’addition!«, brüllt Christian die vorbeikommende Kellnerin
an. »Wir gehen«, erklärt er mir.
»Jetzt?«
»Ja, jetzt.«
Oje, in der Verfassung versteht er keinen Spaß.
Er schlüpft trotz seiner tropfnassen Badehose in seine Shorts
und in sein graues T-Shirt. Die Kellnerin bringt die Rechnung
in Sekundenschnelle.
Widerwillig ziehe ich mein türkisfarbenes Sommerkleid und
die Flipflops an. Sobald die Kellnerin weg ist, packt Christian
sein Buch und seinen BlackBerry und verbirgt seinen Zorn
hinter einer verspiegelten Sonnenbrille. Mir sinkt der Mut. Alle
anderen Frauen am Strand sind oben ohne – ein so schlimmes
Verbrechen habe ich also nicht begangen. Im Gegenteil: Ich falle
eher mit Oberteil auf. Ich seufze innerlich. Eigentlich hatte ich
gedacht, dass Christian die komische Seite sehen würde. Viel-
leicht, wenn ich auf dem Bauch liegen geblieben wäre …
»Bitte nicht böse sein«, flüstere ich, nehme ihm Buch und
BlackBerry ab und stecke beides in meinen Rucksack.
»Zu spät«, erwidert er leise – zu leise. »Komm.« Er ergreift
meine Hand und gibt Taylor und seinen beiden Genossen, den
französischen Sicherheitsleuten Philippe und Gaston, eineiigen
Zwillingen, ein Zeichen. Sie haben uns und alle anderen Strand-
besucher geduldig von der Veranda aus beobachtet. Wie kann
es sein, dass ich sie immerzu vergesse? Taylor, an dessen legere
Kleidung – Shorts und ein schwarzes Poloshirt – ich mich noch
gewöhnen muss, verzieht hinter der dunklen Brille keine Miene.
Mist, er ist ebenfalls sauer auf mich.
Christian führt mich ins Hotel, durchs Foyer und hinaus auf
die Straße. Die ganze Zeit über bleibt er stumm und missmutig,
und das ist meine Schuld. Taylor und sein Team folgen uns wie
Schatten.
»Wo gehen wir hin?«, frage ich vorsichtig und sehe ihn an.
»Zurück zur Jacht.« Er erwidert meinen Blick nicht.
Ich habe keine Ahnung, wie spät es ist, vermutlich fünf oder
sechs Uhr. Als wir die Marina erreichen, bringt Christian mich
zum Pier, wo das Motorboot und der Jet-Ski, die zur Fair Lady
gehören, vertäut sind. Während Christian den Jet-Ski losmacht,
reiche ich Taylor meinen Rucksack. Seine Miene ist wie die
von Christian versteinert. Bei dem Gedanken daran, was er am
Strand gesehen hat, werde ich rot.
»Hier, Mrs. Grey.« Er reicht mir eine Schwimmweste vom
Motorboot, die ich artig anlege. Warum muss ich als Einzige eine
solche Weste tragen? Christian und Taylor wechseln einen Blick.
Scheiße, ist er auch auf Taylor wütend? Christian überprüft die
Gurte an meiner Schwimmweste und zurrt den mittleren fest.
»So ist’s gut«, sagt er, nach wie vor ohne mich anzusehen.
Scheiße.
Er setzt sich mit einer eleganten Bewegung auf den Jet-Ski
und streckt mir die Hand hin. Mit seiner Hilfe gelingt es mir, ein
Bein über den Sitz hinter ihm zu schwingen, ohne ins Wasser zu
fallen, während Taylor und die Zwillinge ins Motorboot klettern.
Christian stößt den Jet-Ski vom Pier ab, so dass er sanft in den
Jachthafen hinausgleitet.
»Halt dich fest«, weist er mich an, und ich schlinge die Arme
um ihn. Das ist für mich das Schönste am Jet-Ski-Fahren: dass
ich mich fest an ihn pressen darf, die Nase an seinem Rücken. Ich
kann jetzt nur noch staunen, dass es einmal eine Zeit gegeben
hat, als er sich eine solche Berührung nicht hätte gefallen lassen.
Er riecht so gut … nach Christian und Meer. Verzeihst du mir,
Christian? Bitte.
Er verkrampft sich. »Ruhig«, ermahnt er mich.
Ich drücke einen Kuss auf seinen Rücken und lege die Wange
dagegen. Dabei wandert mein Blick zurück zum Pier, wo sich
ein paar Feriengäste versammelt haben, um das Spektakel zu
beobachten.
Als Christian den Motor anlässt, macht der Jet-Ski einen Satz
vorwärts und braust über das dunkle Wasser durch den Jacht­
hafen in Richtung Fair Lady. Ich presse mich enger an Christian.
Mein Gott, wie aufregend!
Taylor gesellt sich im Motorboot zu uns. Nach einem Blick
auf ihn beschleunigt Christian, so dass wir übers Wasser hüpfen
wie ein Kiesel. Taylor schüttelt verzweifelt den Kopf und fährt
auf direktem Weg zur Jacht, während Christian an der Fair Lady
vorbei in Richtung offenes Meer schießt.
Gischt spritzt uns ins Gesicht, und der warme Wind peitscht
meinen Pferdeschwanz gegen meinen Kopf. Mann, ist das toll!
Vielleicht vertreibt dieses Vergnügen Christians schlechte Lau-
ne. Obwohl ich sein Gesicht nicht sehen kann, weiß ich, dass
ihm die Sache Spaß macht – er ist unbeschwert und benimmt
sich ausnahmsweise mal wie ein Mann seines Alters.
Während er einen großen Halbbogen beschreibt, schweift
mein Blick übers Ufer – über die Boote im Jachthafen und
das Mosaik der gelben, weißen und sandfarbenen Büro- und
Wohnhäuser sowie die zerklüfteten Berge dahinter. Alles wirkt
so wenig organisiert – nicht wie die symmetrisch angeordneten
Wohnblocks, die ich von zuhause kenne – und herrlich pitto-
resk. Christian sieht mich mit einem halben Lächeln über die
Schulter an.
»Nochmal?«, ruft er mir über den Lärm des Motors hinweg
zu.
Ich nicke begeistert. Mit einem atemberaubenden Strahlen
gibt er Gas und braust ein weiteres Mal um die Fair Lady herum
und aufs offene Meer hinaus … Ich glaube, er hat mir verziehen.
»Du hast Farbe gekriegt«, stellt Christian fest, als er meine
Schwimmweste löst. Ich versuche verzweifelt, seine Stimmung
einzuschätzen. Wir befinden uns an Deck der Jacht, wo einer
der Stewards schweigend darauf wartet, dass Christian ihm die
Schwimmweste gibt. Christian reicht sie ihm.
»Wäre das dann alles, Sir?«, erkundigt sich der junge Mann
mit reizendem französischem Akzent.
Christian sieht mich an, nimmt die Sonnenbrille ab und steckt
sie vorn in den Kragen seines T-Shirts.
»Möchtest du was trinken?«, fragt er mich.
»Sollte ich das denn?«
Er legt den Kopf ein wenig schief. »Warum sagst du das?«
»Du weißt, warum.«
Er runzelt nachdenklich die Stirn.
Wenn mir nur klar wäre, was in seinem Kopf vorgeht.
»Zwei Gin Tonic, bitte. Und dazu Nüsse und Oliven«, weist
Christian den Steward an, der nickt und sich entfernt.
»Du glaubst, dass ich dich bestrafen werde?«, erkundigt er sich
mit seidenweicher Stimme.
»Möchtest du das?«
»Ja.«
»Und wie?«
»Da fällt mir schon was ein. Vielleicht nach dem Drink.«
Was für eine sinnliche Drohung! Ich schlucke, und meine
innere Göttin schielt von ihrem Liegestuhl herüber, auf dem sie
mit einem Silberreflektor unter dem Kinn die Sonnenstrahlen
einzufangen versucht.
Wieder legt Christian die Stirn in Falten.
»Möchtest du das denn?«
Woher weiß er das? »Kommt drauf an«, antworte ich errötend.
»Worauf ?« Er bemüht sich, sein Lächeln zu kaschieren.
»Ob du mir wehtun willst oder nicht.«
Er presst die Lippen zusammen, beugt sich vor und küsst
mich auf die Stirn.
»Anastasia, du bist meine Frau, nicht meine Sklavin. Ich
werde dir niemals wehtun. Das solltest du inzwischen wissen.
Aber bitte lauf in der Öffentlichkeit nicht mehr nackt herum. Ich
möchte nicht, dass die Gazetten Nacktfotos von dir abdrucken.
Du willst das sicher auch nicht, und deiner Mom und Ray wäre
es bestimmt nicht recht.«
Ray! Himmel, der würde einen Herzschlag kriegen! Was habe ich
mir bei meiner Aktion nur gedacht?, rüge ich mich selbst.
Der Steward stellt die Drinks und die Snacks auf den Teak-
holztisch.
»Setz dich«, weist Christian mich an. Ich nehme Platz. Chris-
tian setzt sich neben mich und reicht mir einen Gin Tonic.
»Auf Ihr Wohl, Mrs. Grey.«
»Auf Ihr Wohl, Mr. Grey.« Ich trinke einen Schluck von dem
köstlich kühlen Getränk. Christian beobachtet mich mit un-
durchdringlicher Miene. Weil ich es ausgesprochen frustrierend
finde, nicht zu wissen, ob er immer noch wütend auf mich ist,
wende ich meine bewährte Ablenkungsstrategie an.
»Wem gehört diese Jacht?«, frage ich.
»Einem britischen Knight. Einem Sir Irgendwas. Sein Ur-
großvater hat einmal mit einem Lebensmittelladen angefangen,
und seine Tochter ist mit einem europäischen Kronprinzen
verheiratet.«
Oh. »Superreich?«
»Ja.«
»Wie du.«
»Ja.«
Oh.
»Und wie du«, flüstert Christian, während er eine Olive in den
Mund steckt.
Ich blinzle … und muss daran denken, wie er mir in seinem
Smoking und der silberfarbenen Weste bei der Trauung so auf-
richtig in die Augen sah.
»Alles, was mir gehört, ist nun auch dein«, wiederholt er die
Trauungsformel.
Wie ich? »Es fühlt sich merkwürdig an. Von nichts zu …«, ich
mache eine Geste, die die ganze Umgebung einschließt, »… al-
lem.«
»Du wirst dich daran gewöhnen.«
»Ich glaube nicht, dass ich mich je daran gewöhnen werde.«
Taylor erscheint an Deck. »Sir, ein Anruf für Sie.«
Christian nimmt den BlackBerry entgegen. »Grey«, knurrt er
hinein, steht auf und geht zum Bug der Jacht.
Ich blicke hinaus aufs Meer. Ich bin reich, steinreich. Und
habe keinen Finger dafür gerührt … nur einen reichen Mann
geheiratet. Schaudernd erinnere ich mich an unsere Diskussion
über den Ehevertrag. Es war der Sonntag nach seinem Ge-
burtstag, und wir saßen gemütlich beim Frühstück im Haus der
Greys. Elliot, Kate, Grace und ich unterhielten uns gerade über
die Vorzüge von Speck oder Würstchen, während Carrick und
Christian die Sonntagszeitung lasen …
»Schaut mal«, kreischt Mia und stellt ihr Netbook vor uns auf
den Küchentisch. »Seattle Nooz lässt sich darüber aus, dass du
dich verlobt hast, Christian.«
»Schon?«, fragt Grace erstaunt und offenbar unangenehm
berührt.
Christian legt die Stirn in Falten.
Mia liest den Text laut vor. »Nooz hat erfahren, dass Seattles
begehrtester Junggeselle Christian Grey endlich ins Netz ge-
gangen ist und wohl bald die Hochzeitsglocken läuten werden.
Wer ist die Glückliche? Nooz bleibt dran. Wir wetten, dass sie
gerade damit beschäftigt ist, einen ziemlich langen Ehevertrag
zu lesen.«
Mia kichert, hört aber sofort auf, als sie merkt, dass Christian
sie wütend ansieht. Schweigen senkt sich herab, und plötzlich ist
die Stimmung in der Küche der Greys arktisch.
O nein! Ein Ehevertrag? Der Gedanke ist mir noch gar nicht
gekommen. Ich schlucke und spüre, wie das Blut aus meinem
Gesicht weicht. Heiliges Kanonenrohr! Christian rutscht unruhig
auf seinem Stuhl herum. Ich blicke ihn ängstlich an.
»Nein«, formt er mit den Lippen.
»Christian«, sagt Carrick leise.
»Keine Diskussionen mehr darüber«, herrscht Christian Car-
rick an, der den Mund aufmacht, um etwas zu erwidern.
»Kein Ehevertrag!«, schreit Christian fast, bevor er sich
mürrisch wieder seiner Zeitung zuwendet. Die anderen sehen
abwechselnd mich und ihn an … und dann weg.
»Christian«, sage ich. »Ich unterschreibe alles, was ihr wollt.«
Es wäre nicht der erste Vertrag, den ich für ihn unterzeichne.
»Nein!«, knurrt Christian.
Wieder werde ich blass.
»Es ist zu deinem Schutz.«
»Christian, Ana – ich finde, ihr solltet das unter vier Augen
besprechen«, schlägt Grace mit einem verärgerten Blick in Rich-
tung Carrick und Mia vor. Oje, sieht ganz so aus, als würden die
beiden Probleme kriegen.
»Ana, hier geht’s nicht um Sie«, erklärt Carrick mit leiser
Stimme, um mich zu beruhigen.
Christian sieht seinen Vater kühl an. Verdammt, er ist echt sauer.
Plötzlich beginnen alle, wild durcheinanderzureden, und Mia
und Kate springen auf, um das Geschirr abzuräumen.
»Mir sind eindeutig Würstchen lieber«, stellt Elliot fest.
Ich betrachte meine verschränkten Finger. Hoffentlich glau-
ben Mr. und Mrs. Grey nicht, dass ich nur aufs Geld aus bin.
Christian nimmt sanft meine Hände.
»Hör auf damit.«
Woher weiß er, was ich denke?
»Achte gar nicht auf Dad«, sagt er so leise, dass nur ich es
hören kann. »Er ist stinksauer auf Elena. Ich wünschte, Mom
hätte den Mund gehalten.«
Ich weiß, dass Christian das »Gespräch« mit Carrick über
Elena von gestern Abend noch nicht verdaut hat.
»Aber er hat Recht, Christian. Du bist wahnsinnig reich, und
ich bringe nichts in die Ehe mit als mein Studentendarlehen.«
Christian sieht mich düster an. »Anastasia, wenn du mich
verlässt, kannst du alles mitnehmen. Du hast dich schon einmal
von mir getrennt. Ich weiß, wie sich das anfühlt.«
»Das war etwas anderes«, erwidere ich, gerührt über die In-
tensität seines Ausbruchs. »Aber … vielleicht willst ja du mich
einmal verlassen.« Bei dem Gedanken wird mir übel.
Er schüttelt entsetzt den Kopf.
»Christian, wer weiß … möglicherweise stelle ich eines Tages
etwas sehr Dummes an, und du …« Wieder sehe ich meine Hän-
de an, und es gelingt mir nicht, den Satz zu Ende zu sprechen.
Christian zu verlieren … Nein.
»Hör sofort auf damit. Das Thema ist beendet, Ana. Kein
Ehevertrag. Weder jetzt noch später.« Er wendet sich Grace zu.
»Mom«, sagt er. »Können wir die Hochzeitsfeier hier ausrichten?«
Seitdem hat er das Thema nicht mehr angesprochen. Stattdessen
versichert er mir immer wieder, dass alles auch mir gehört. Mit
Schaudern denke ich an die verrückte Shopping-Orgie zurück,
die ich nach Christians Willen mit Caroline Acton, der Personal
Shopper von Neiman Marcus, für die Flitterwochen machen
musste. Der Bikini allein hat fünfhundertvierzig Dollar gekostet.
Er ist wirklich hübsch, aber echt … was für ein absurd hoher
Preis für vier dreieckige Stofffetzen.
»Du wirst dich daran gewöhnen«, reißt Christian mich aus
meinen Überlegungen.
»Woran?«
»An das Geld«, antwortet er und verdreht die Augen.
Ach, Christian, vielleicht, im Lauf der Zeit. Ich schiebe ihm
die kleine Schale mit gesalzenen Mandeln und Cashewnüssen
hinüber. »Ihre Nüsse, Sir.«
Er grinst spöttisch. »Ja, Sie sind eine harte Nuss, aber ich bin
verrückt nach Ihnen.« Er nimmt eine Mandel. Seine Augen
funkeln amüsiert über seinen kleinen Scherz. Er leckt sich die
Lippen. »Trink aus. Wir gehen ins Bett.«
Was?
»Trink«, wiederholt er mit erotischem Blick.
Dieser Blick allein könnte die Ursache für die Erderwärmung
sein, so heiß ist er. Ich leere mein Glas, ohne die Augen von ihm
abzuwenden. Seine Lippen öffnen sich leicht, und ich sehe die
Spitze seiner Zunge zwischen seinen Zähnen. Er grinst mich
lüstern an. Mit einer eleganten Bewegung steht er auf, beugt sich
über mich und stützt sich mit den Händen auf den Armlehnen
meines Stuhls ab.
»Ich werde jetzt an dir ein Exempel statuieren. Komm. Geh
vorher nicht aufs Klo«, flüstert er mir ins Ohr.
Ich schnappe nach Luft. Ich soll nicht aufs Klo gehen? Warum
nicht, verdammt? Mein Unterbewusstsein hebt alarmiert den
Blick von seinem Buch, den gesammelten Werken von Charles
Dickens, Band 1.
Christian streckt mir die Hand hin. »Vertrau mir.«
Er sieht so sexy aus. Wie könnte ich ihm nicht vertrauen?
»Okay.« Ich lege meine Hand in die seine. Was hat er vor?
Mein Herz schlägt plötzlich schneller.
Er führt mich übers Deck und durch die Tür in den feudal
eingerichteten Salon, einen schmalen Korridor entlang, durch
den Speiseraum und die Stufen hinunter zur großen Kabine.
Seit dem Morgen ist die Kabine geputzt und das Bett ge-
macht worden. Was für ein schöner Raum! Er hat Bullaugen
auf der Steuer- und Backbordseite und ist elegant ausgestattet
mit dunklen Walnussholzmöbeln, cremefarbenen Wänden und
goldenen und roten Verzierungen.
Christian lässt meine Hand los, zieht sein T-Shirt über den
Kopf und wirft es auf einen Stuhl. Dann steigt er aus seinen
Flipflops und schlüpft in einer einzigen anmutigen Bewegung
aus Shorts und Badehose. Wow! Werde ich mich jemals an ihm
sattsehen? Er ist zum Anbeißen, und er gehört mir. Seine Haut
glüht – auch er hat Sonne abgekriegt, seine Haare sind länger als
sonst und fallen ihm in die Stirn. Mein Gott, was bin ich für ein
Glückspilz!
Er legt die Hand um mein Kinn, so dass ich aufhöre, an mei-
ner Lippe zu kauen, und lässt den Daumen über meine Unter-
lippe gleiten.
»So ist’s besser.« Christian geht zu dem massiven Schrank,
in dem sich seine Kleidung befindet, und holt zwei Paar Hand-
schellen aus Metall und eine Schlafmaske aus dem Flugzeug aus
der untersten Schublade.
Handschellen! Die haben wir noch nie benutzt. Ich sehe nervös
zum Bett hinüber. Wo will er sie festmachen? Er wendet sich mit
dunkel schimmerndem Blick wieder mir zu.
»Die können ziemlich wehtun, weil sie in die Haut einschnei-
den, wenn man zu stark daran zieht.« Er hält ein Paar hoch.
»Trotzdem würde ich sie gern mit dir ausprobieren.«
Verdammter Mist. Mein Mund wird trocken.
»Hier.« Er reicht mir ein Paar. »Willst du mal reinschlüpfen?«
Sie fühlen sich hart an, das Metall ist kalt. Hoffentlich muss
ich solche Dinger niemals aus anderen Gründen tragen.
Christian lässt mich nicht aus den Augen.
»Wo sind die Schlüssel?«, frage ich mit bebender Stimme.
Er streckt mir die offene Hand hin, auf der ein kleiner Metall-
schlüssel glänzt. »Der ist für beide Sets. Er passt sogar für alle.«
Wie viele Sets hat er denn? Ich kann mich nicht erinnern, in der
Schublade mit den Toys welche gesehen zu haben.
Er streicht mit seinem Zeigefinger über meine Wange, lässt
ihn zu meinem Mund gleiten. Dann beugt er sich zu mir herab,
als wollte er mich küssen.
»Möchtest du spielen?«, fragt er mit leiser Stimme, und sofort
spüre ich wieder dieses vertraute Ziehen im Unterleib.
»Ja«, hauche ich.
Er lächelt. »Gut.« Er drückt mir einen federleichten Kuss auf
die Stirn. »Wir werden ein Safeword brauchen.«
Wie bitte?
»›Stopp‹ wird nicht reichen, weil du das mit ziemlicher Sicher-
heit sowieso sagen wirst, allerdings ohne es ernst zu meinen.«
Er reibt seine Nase an der meinen – der einzige Körperkontakt
zwischen uns.
Mein Herz pocht wie wild. Wie schafft er das nur mit bloßen
Worten?
»Es wird nicht wehtun, aber intensiv sein. Sogar sehr intensiv,
weil du dich nicht rühren kannst. Okay?«
Das klingt heiß. Mein Atem ist sehr laut. Herrgott, ich keuche
jetzt schon. Zum Glück bin ich mit diesem Mann verheiratet,…..

Die Leseprobe kommt von der Facebookseite von Goldmann

Wer also jetzt auf den Geschmack gekommen ist, für den habe ich die Links zu den Büchern auf Amazon hier unten aufgeführt.

Band 1: Geheimes Verlangen

Band 2: Gefährliche Liebe

Band 3: Befreite Lust